Den 7. Juli war die 10de Zusammenkunfft, und weilen ferner zu schreiten beyden Theilen unmöglich, wolte man die Plenipotentzen wechseln und zurük geben und also unverrichter Sachen voneinander scheiden. Weilen aber beyde Parteyen Abschied zu nehmen cunctirten, auch keine den Anfang des Scheidens machen wolte, als geriethen sie noch gerade wieder in Conferentz und beobachteten die Sache dahin, daß die Commission auff etzliche Wochen auffgeschoben werden möchte. Unterdessen solten die russ. Commissarien wegen fernere Ordre Ihro Czar. Maytt. gelangen lassen, auch wolten die Pol. den Verlauff der Sachen (ob sie zwar ferneren Befehl von Ihro Königlichen Maytt. zu fordern nicht von Nöthen hätten und dem Frieden zu schliessen gnugsahm gewollmächtiget (166r) wären) Ihro Maytt. und der Republique kund thun. Hiemit ward beschlossen, daß beyde Theile auffstehen und sich mit den ihrigen ingeheimb bespechen möchten. Nachdem nun beyde Theile sich eine Zeit lang untereinander in ihren Gezelten absonderlich berathschlaget hatten, setzten sie sich abermahl beyeinander nieder, und musten auf Gutdünken der Pol. auch die Cantzleybedienten von beyden Seiten abtreten, daß also die Commissarien in selbst eigener Person allein verblieben. Nach gar weniger Unterredung wurden sie wieder hineingefordert und war beschlossen, daß sie auff 3 Wochen Frist voneinander scheiden, die Russ. sich mit ihrer gantzen Assistentz nach Smolensk, die Pol. aber nach Telotzina begeben und verfügen solten. Unterdessen musten in beyden Quartieren derer Commissarien zu Krasna, auch zu Dwierowitz von jeglicher Seite ein Hoffjunker selbst und 20 als Salvogarden verbleiben, umb selbige Örter rund umb auff 3 Meilen weit von allen feindlichen Einfällen und Excessen zu befreyen. Desselbigen solte auch um Smolensk herumb, auch umb Tolotzino, da beyderseits Commissarien Consistentz seyn würde, auff 5 Meilen in den (166v) 3 bestimten Wochen sicher bleiben von allen Einfällen und feindlichen Partheyen. Diese behandelte Puncta aber solten alle schrifftlich verfasset, von beyden Theilen die Instrumenta mit Hand und Siegel bekräfftiget, untereinander gewechselt und in selbigem Eyde, so über Praeliminaria geleistet, eingeschworen bleiben. Hiemit schieden sie beyderseits voneinander und verhiesen, die verabschiedete Schrifften einer dem andern durch ihre Hoffjunker zuzuschiken und vor diesmahl voneinander zu gehen.
Den 9. Juli übersandten die Pol. die gedachte Schiedschrifft mit ihrem Junker Samuel Machwitz den russ. Commiss. laut genommener Abrede nach Krasna, welcher auch der russ. Gegenschrifft empfing, und reiseten also beyde Theile aus ihren Quartiren, die Russ. nach Smolensk, die Pol. nach Tolotzino.
Den 10. Juli sind die russ. Große Commissarien mit ihrer gantzen Assistentz in Smolensk arriviret. Selbigen dato ist auff Guttdünken aller Commissarien der Hoffrath Nasczokyn aus ihren Mittel, umb Ihro Czar. Maytt. der Sachen rechte Relation zu thun, auf fernere Ordre zu bringen, nach Moskow gangen.
Den 19. Juli ist ein Capitainlietenant, Iwan Otrepiew, von den russ. Commissarien mit einem Brieffe nach Tolotzin zu den Pol. abgefertiget (167r) unter dem Praetext, wegen Auswechselung der Gefangenen zu correspondiren, jedoch vor gewiß zu vernehmen, was bey ihnen passiret.
Den 25. Juli ist aus Moskow von Ihro Czar. Maytt. ein Stallknecht mit Ordre aus der Geheimen Cantzley angelanget, wird den Commissarien zu wissen gethan, daß der Hoffrath Afonasey Laurentiewitz Ardin-Nasczokyn mit vollkommener Instruction abgefertiget wäre. Sie solten aber unterdeßen, ehe selbiger angelanget, wenn etwa an den Pol. zu schreiben von Nöthen seyn möchte, des Bojaren Knias Juria Alexiewitz Dolgorukow seinen Nahmen in denen Schrifften nicht specificiren, sondern auslassen.
Den 28. Juli ist der abgefertigte Capitainlietenant Otrepiew von den Pol. zurük kommen, welche sich sehr beklagen, daß ihnen von russischer Seiten kein Wort gehalten, in dem ihre Parteyen dem geschlossenen Contract zuwieder bis unter dero Consistentz mordeten und niedermetzelten ohn einiges Nachdenken.
Den 29. Juli ist der Hoffrath Ardin-Nasczokyn aus Moskow von Ihro Czar. Maytt. zurük nach Smolensk kommen und bringt Ordre mit sich, daß der Bojar und Stadthalter zu Susdall Knias Juria Alexiewitz Dolgorukow nicht mehr Commissarius, sondern anstatt des Großbojaren (167v) Knias Jacob Kudieniatowitz Tzerkaskij bey der Hauptarmee Feldmarechal seyn solte, weil Tzerkaskij über der czar. Armee, maßen Ihro Czar. Maytt. selbst persönlich zu Feld zu gehen gesonnen wären, zum Hoffwoywoden oder Generallieutenant declariret, hätte auch andere Ordre wegen Vollenziehung des angefangenen Friedentractats, welche aber mit allerhand Frieden fertig und dieses Werk zu vollführen gar untüchtig schienen.
Den 1. Augusti ist erstlich Dolgorukow als General und nach ihm die Großcommissarien mit einer gringen Assistentz den vorhin, weilen von den Völkern, so mit ihnen gewesen waren, 1 Regiment zu Pferd und 2 Regimenter Strelitzen, mit Dolgorukow und der Armee auffgebrochen, von Smolensk abmarchiret.
Den 2. Augusti sind die Großcommissarien zu Krasna arriviret. Selbigen Abend kahm auch der Dolgorukow und losirte in sein voriges Quartier.
Den 4. Augusti ist der Machwitz von den pol. Commissarien angelanget, wegen einer freyen Post vor ihrem Bagage, so nachgeblieben war, maßen die russische Armee numehr den General Patz aus seinem Lager unter Skloff gedrungen, der sich nach Mohilow reteriren müssen, sie aber Skloff bloquirt hielten und das gantze Land mit Parteyen bis Borisow jammerlich verderbten. Auch wolten die Pol. vernehmen, wann die Russ. wieder zusammenzukommen beliebte.
(168r) Den 5. Augusti marchirte der General Dolgorukow, von 6.000 Mann zu Fuß begleitet, von Krasna nach Skloff zu dem Lager.
Den 8. Augusti, nachdem beyde Commissarien durch ihre Hoffjunker miteinander deswegen correspondiret hatten, haben sie abermahl nach den 3 wochendlichen Termin auff vorigen Tractatsorth Durowitz ihre erste Zusammenkunfft gehalten. Die Russ. begehrten Declaration, was für fernere Ordre die Pol. von Ihro Königlichen Maytt. hätten, Kund zu thun, selbige aber gaben zur Antwort, wie daß ihnen der letzte Schluß bey der 10den Zusammenkunfft verabschiedet, in gringsten nicht gehalten wäre, sintemahlen nicht allein die russische Parteyen unter ihr Quartier Tolotzin gestreiffet, gebrand und viele Leuthe niedergemetzelt, sondern auch ihre Post, die von Ihro Königlichen Maytt. mit Ordre an sie abgefertiget gewesen, entweder gefangen genommen oder gar niedergehauen hätten, daß sie also nichts wüsten, was ferner Ihro Königlichen Maytt. und der Republique Wille wäre, demzufolge [sie] auch keine einige Resolution von sich geben könten, möchten also die russ. Commissarien sich erklähren, was für Ordre sie von Ihro Czar. Maytt. durch den Hoffrath Ardin-Nasczokyn hätten, auff letzten ihren proponirten und auff Ihro Czar. Maytt. Deliberation vorbehaltenen (168v) Punct wegen Cedirung aller occupirter Orte auff Smolensk und den Sewerischen Plätzen nach biß wegen derselbigen auff dem vorstehenden Reichstag in Polen auch Mittel gefunden werden möchten. Weilen aber die russ. Commissarien zu keiner ferneren Declaration schreiten wolten, sondern dabey stark continuirten, daß Ihro Czar. Maytt. mit nichten von dem letzten Punct sich abwenden würden, sondern dabey verbleiben, daß zu ewigen Zeiten dem russischen Reich verbleiben möchten Smolensk und alle ukrainische Städte auff dieser Seite des Dnieper Strohms, ward nach vielen wiederlichen Einwürffen von der pol. Seite geklaget über der grossen und schreklichen Unbilligkeit, daß der Bojar Dolgorukow aus einem gewollmächtigten Commissaren zum General und derjenige, in dessen Nahmen ein Eyd geleistet wäre, nichts mehres, den Frieden und Einigkeit unter beyden Potentaten und dero Reichen zu suchen und zu befordern und mehr als ein öffentlicher Feind und Tyrannen unschuldig Blutt zu vergiessen, zu Felde lege, ungeachtet, daß die Tractaten in Gegenwart seiner angefangen wären, demnach sie von den russ. Commiss. schrifftliche Assecuration begehrten, ob ihnen ohne den Dolgorukow diese Tractaten zu vollführen und zu Ende zu bringen möglich, darauff dann die Russ. eine schrifftliche (169r) Versicherung zu geben versprochen. Ferner hielten die Pol. an, daß wegen ihres von Händen kommenden Couriers bey der russ. Armee Nachfrage gethan werden möchte, weilen sie ohne Ihro Königlichen Maytt. Ordre sich ferner in keiner Sachen einzulassen unterstunden. Unterdessen solte fernere Zusammenkunfft bis den 13. auffgeschoben bleiben, damit in der Zeit die schrifftliche Ordre entweder bey der Russ. gefunden oder andere von Ihro Königlichen Maytt. einkommen möchten.
Den 10. Augusti wurden den Pol. von den russ. Commissariis 7 Puncten mit dem Streptzey Kirilo Puschtzin und dem Schreiber Piotr Dolgow schrifftlich zugeschiket und auff jeglichen richtige Antwort gefordert. 1. Darumb wäre der Bojar Knias Juria Alexiewitz Dolgorukow vom Commissario zum General der Feldmarechall über die Armeen in Polen erkläret, weilen von pol. Seiten auff den vorigen 10 Zusammenkünften gantz keine einige Apparence zum Frieden, sondern vielmehr eitel Dreuworte und Kennzeichen ihrer Begierde zu ferneren Bluttvergiessen gespühret worden und eine grosse Verwüstung von den Tartern dem russischen Reiche gedräuet wäre, wie vergangenen Herbst geschehen. 2. Daß diese sechs Personen, welche anitzo bey der Commission anwesend seyn, ohne den Dolgorukow alles (169v) schliessen und vollenden konten, ohne einigen Zweiffel und Mißtrauen. 3. Ob der König und die Cron Polen einen absoluten Frieden, nur beyden Großen Potentaten angehend und dero Reichen, als vorhin der Polanowsche gewesen, und daß nur einer des andern Fremden keine Hülffe thun solten, begehrten. 4. Oder sie einen allgemeinen Frieden mit allen angräntzenden Potentaten und also eine ewige Verbündnüß beyder Reiche gegen alle dero Feinde wünschten. 5. Da aber keine von diesen beyden Puncten anitzo zum völligen Effect gelangen könten, ob sie ein Generalarmistitium und, in welcher Beschaffenheit auch wie lange einzugehen gesonnen, daß in wärender Zeit der ewige Frieden desto füglicher möchte gebauet und bestätiget werden können, doch dergestalt, daß obgleich die beschlossene Jahre verfliessen und der ewige Frieden nicht erfolgen möchte, dennoch nicht wieder zu den Waffen gegriffen, sondern ein Jahr vor Ausgang des Armistitii frembde christliche Potentaten zu Mediatoren erbethen und also durch dero Intercession der ewige Frieden wiederbracht und auffgerichtet werden möchte. 6. Daß die Polen in letzter Conferentz zu verstehen gegeben, daß ihnen sich lange allhier aufzuhalten nicht gelegen wäre, weilen bey ihnen im kürtzen der angesetzte grosse Reichstag zu Warschau angehen wür(170r)de, auff dem auch sie nothwendig erscheinen müsten, welches füglicher geschehen könnte, wenn sie zuvor einen gutten und rühmlichen Frieden geschlossen und gestifftet hätten. 7. Einen beständigen Frieden zu schliessen wäre eine christliche und höchsrühmliche Sache, und selbigen zu befordern wären auch Ihro Czar. Maytt. große und gevollmächtigte Commissarien allhie erschienen, ermahnten sie auch noch brüderlich, daß sie selbigen auffs beste möglich in gutter Vertrauligkeit fortzusetzen nicht müde werden, sondern die gantz billige declarirte russische Proposition behertzigen und sich dergestalt resolviren wolten, damit die Bedrängten erfreüet, dem unmenschlichen Bluttvergiessen abgeholffen und ihnen von Gott dem Allmächtigen eine gewünschte Belohnung werden möchte.