Дневник переводчика Посольского приказа Кристофа Боуша (1654-1664). Перевод, комментарии, немецкий оригинал — страница 94 из 95

Suplementum des 1664 Jahres

Nachdem Ihro Königliche Maytt. in Polen, wie gedacht, mit bey sich habenden Armeen über den Dnieper zu den russischen Gräntzen sich naheten, musten auch die russische Armeen von allen Plätzen ihren March nach der Grentz hin richten, umb dem Feind ins Land zu fallen zu verhindern, aber ehe sie die Grentze erreichen konten, streifften die polnischen und tarterschen Parteyen überall in die Gebiether bey Putivl, Sewsk, Bransk, ja bis auff diese Seite Karatzoff, 40 Meilen von der Hauptstadt Moskow. Weilen demnach nicht länger zu cunctiren stunden, eileten die Armeen bestmächtigst dem arrivirenden Feind entgegen, und als der Generalissimus, Bojar und Stadthalter zu Neugarden Knias Jacob Kudeniatowitz Tzerkäskij zu Kaluga angelanget, commandirte (184r) er alsobald den Bojaren und Stadthalter zu Tver Knias Ivan Siemonewitz Prosorowskij mit etzliche 1.000 Mann nach Karatzoff, selbst auf den Fuß mit der gantzen Armee folgend. Und weilen eben dazumahl auch von der pol. Seite etzliche 1.000 Mann cron- und littauscher Völker unter dem Generallieutenant Polubinskij dem Feinde entgegen commandirt waren, geriethen beyde Theile unter Karatzoff in eine starke Recontre, also daß es im Anfang auff der russischen Seite gar schlecht aussahe, zuletzt aber durch Tapfferkeit und Dexteritet des Bojaren und Generals Prosorowskij wurde die polnische strenge Impressa abgehalten und bemächtigte sich die russische Armee mit bewehrter Hand zurük nach der Hauptarmee abzumarchiren, welche ihr auf dem Fuße nachfolgte. Die pol. Troppen begaben sich auch wieder zu ihrer Armee unter Sewsk, allda sich der Feldmarechal Patz gelagert hatte, nachdem bey diesem Scharmützel von beyden Seiten bey 1.000 Mann auff der Wahlstatt geblieben. Der König aber, nachdem sich ihm viel kosakische Städte auff dieser Seite des Dniepers übergeben hatten, auch da ein ziemlicher Anfang mit Brennen und Verwüsten in den russischen Grentzen gemacht war, rükte endlich mit seiner gantzen Armee unter ein fest kosakischen Städtchen Gluchow, allda ein Oberster Basiley Dworetzkij in Besatzung war, ob nun schon in selbigem Städtchen sich viele Kosaken und Bürger befunden, (184v) so der polnischen Seiten sehr zugethan, auch gar gerne die Festung an den König übergeben hätten. Dennoch, nachdem selbige, bey der russischen Besatzung und den andern der russ. Seiten zugethanen Kosaken berüchtiget, von ihnen eingezogen, auch endlich abgethan wurden, ward der königlichen Armee ein so starker Wiederstand gethan, daß selbige nach Verlust etzlicher 1.000 Mann unverrichter Sachen abmarchiren und zurük nach Sewerien [sich] begeben muste, weilen sich unterdessen von allen Seiten auch die russische Armeen in vollem Anmarсh vernehmen liessen, nehmlich der General und Stadthalter zu Smolensk Piotr Wasilewitz Scheremetoff und der Okolnitzey und Woywod Knias Gregorey Gregoriewitz Romadanowskij, der sich mit dem kosakschen General Jan Bruchowetzkij conjugiret hatte, avancirenden von Putiwl und Baturin, der Generalissimus, Bojar und Stadthalter zu Neugarden Knias Jacob Kudeniatowitz Tzerkaskij, auch der Bojar und Woiewod Knias Ivan Siemonewitz Prosorowskij mit andern conjugirten Armeen marchirten von Sewsk ab alle gerade auff die königliche Armee zuziehlende. Demnach wurden in Eil auch die littausche Völker unter Commando des neuerwehlten littauschen Feldmarechals Michailo Patzen und des Generallieutenants Polubinskij zu dem König nach der Ukrain beruffen. Weilen aber der König einen scharffen (185r) und mächtigen Wiederstand von der russischen Seite merkte, den Kosaken aber, so sich neülich ergeben hatten, gantz im geringsten nicht zu trauen stunde, resolvirte er sich bey solcher Beschaffenheit mit seinen wenigen Völkern, so bey ihm continuirten, weilen die meisten mit dem rebellischen Reichs- und Feldmarechall Lubomirskij (welcher, der gantzen Republique zuwieder procedirend, die halßstarrige Confoederirten, so dem Könige ihre Fehler nicht abbitten wolten, unter seinen Schutz genommen hatte, im Reich verblieben und Ihro Königlichen Maytt. gefolget waren) nicht länger auff des Feindes Grentzen zu cunctiren, vielweniger sich ferner ins Reich hinein zu wagen rathsahm erachtend, veränderte ihre Intention, die sie auff Sewsk gerichtet hatten, und nahmen ihren March auff eine rebellische kosakische Festung, Sewerskij Nowgrodek genand, zurük. Weilen aber der Generalissimus Tzerkaskij mit seinen conjungirten Armeen wegen bösen und weiten Weges, auch einer mächtigen Artillerie, von 50 groben und 100 Feldstüken bestehend seinen March nicht beschleunigen konte, dürften die andere russische Armeen allein sich an den König nicht wagen, und obschon der Okolnitzey und Woiwod, Knias Gregorij Gregoriewitz Romadanowskij, mit der Bielgrodschen Armee, auch der kosaksche General Bruchowietzkij mit seinen (185v) Kosaken und ein Theil Kalmüken aus Baturin den König und deßen Armee anzugreiffen erkühnet, etzliche wenige Scharmützel nicht weit von Worones auf diese Seite der Diesna mit des Generallieutenants Graffen Tzernetzkij seinen Troppen hatten, dennoch war keine Courage (obgleich der Bojar und General Scheremetoff mit der Putiwlschen Armee auch bereits arriviret war), ohne völlige Conjunction aller Armeen ein Haupttreffen mit dem Könige zu wagen. Endlich resolvirten sich auch Ihro Königliche Maytt., merkend, daß der Feind von Tage zu Tage sich verstärkte, ihm aber kein ferner Secours aus der Cron von dem Lubomirskij und den Confoederirten, geschweige von den crimmischen Tartern, die alle von den Türken nach Ungarn beruffen waren, folgen wolte, die Ukrain zu quittiren und sich nach ihren Grentzen über den Dnieper mit der Armee zu retiriren, maßen den auch (wie vor erwehnet) den Kosaken, so sich neülich auff die pol. Seite begeben hatten, nicht zu trauen war, welche alsobald, wenn sich nur die russische Armee zu ihnen zu nahen begunten, die pol. Besatzungen niederhieben und sich wieder an die Russen ergaben. Der Generalissimus Tzerkaskij, so nunmehr mit seinen conjungirten Armeen Sewsk vorbey passiret und einen gar weiten March in diesen bösen Wegen schwer (186r) umbsonst gethan hatte, muste auff czar. Ordre sich abermahl wenden und seinen March nach Sewerien auff Potzey zu nehmen. Unter dessen marchirten die Cronvölker mit dem Generalissimo Stanislas Pototzkij und Generallieutenant Tzernetzkij bey Tzernobil unter Sorokaschin über den Dnieper. Ihro Königliche Maj. aber begaben sich zu der littauschen Armee und richteten ihren March nebst dem Feldmarechal Patz auff Mohilow nach Weißreussen zu, obgleich nun der russische Generalissimus Tzerkaskij seinen Collegen, den Bojaren und Stadthalter zu Twer Knes Iwan Siemoniewitz Prosorowskij, nachdem er zu Potzey angelanget war, die Patzische Armee zu verfolgen commandiret, auch selbiger, den Obersten Kalkenstein mit einer Squadron Sapiehischer Dragouner unter Mglin antreffend, totaliter ruinirte, den Obersten selbst, seinen Majoren, einen von Ungern, auch etzliche Capitains und Lieutenants und theils Unterofficier gefangen bekahm. Doch entging die gantze Armee aller feindlichen Impressa, ohne daß sie einen grossen Schaden auff dem ungewohnlichen langwirigen March ohne Proviant und Futter vor die Pferd erlitten, daran dann die Armee, merklich geschwächet, an Bagage und Pferden einen grossen Schaden empfinden muste.

Der Bojar und Woywod Knias Ivan Andrewitz Chowanskij wolte bey dieser Gelegenheit, da die littausche (186v) Völker nach der Ukrain marchiret waren, auch nicht feyern, sondern rükte mit einer fliegenden Armee aus Smolensk bey Orscha über den Dnieper in Litthauen hinein, schlug den Obersten Stetkiewitz, so die Päße zu bewahren hinterlassen war, und trieb den littauschen Generalissimum Sapieha, der mit etzlichen wenigen Völkern in Tzierey Hoff hielte, über die Beresin, machte viel Salvoguarden nieder, plünderte die adeliche Höffe, brandte Städte und Dörffer weg und nahm viel Volk gefangen, die übrigen ließ er alle niederhauen und machte diese Gegend gar wüste. Nachdem er aber eine ziemliche Beüte erobert hatte, nahm er seinen March nach der Düne hin zurück und defendirte die Gegend bey Polotzk und Wittepsk von feindlichen Einfällen.

Im Vorjahr ward dem Generalissimo Knias Jacob Kudeniatowitz Tzerkaskij mit all seinen conjungirten Armeen von Potzey auffzubrechen und ihren March nach Smolensk hinzurichten anbefohlen, der Commission, welche in Krasna angesetzet war, desto näher zu seyn und auf der Polen Intent ein wachendes Auge zu haben, demnach sich diese Armeen nach langwierigem March endlich nahe bey Prudka, 8 Meilen von Smolensk, lagerten. Unterdessen war dem General Chowanskij Ordre ertheilet, auch auffzubrechen und seinen March über den Düna Strohm in das Braslawsche und Wilkomirsche Gebieth und also fort (weilen der Örter gantz kein Wiederstand vermuthet ward) nach Churland und Szameyten zu nehmen und selbige Provincien mit Schwerd und Feur gantz zu verheeren, zu morden, und zu brennen, und nichts übrig zu laßen. Nachdem mahl (187r) aber der littausche Feldmarechall Patz dieses schädliche Vornehmen vielleicht abgesehen hatte, begab er sich in aller Eil aus seinen Quartiren, die er bey Skloff herumb hatte, mit den besten Volkern nacher Wittepsk dem General Chowanskij ins Gesicht und schlug selbigen totaliter aus dem Felde, daß er sich, nachdem seine gantze Cavallerie flüchtig worden war, selbst in die Festung Wittepsk hinein retiriren, die Infanterie aber und gantze Bagage dem Feind zum Raube nachlassen muste. Unterdessen rükten die Tzerkasische Armeen unter Smolensk und lagerten sich auff den Dnieper nahe bey der Festung, bis sie zuletzt Ordre erhielten, auffzubrechen und gerade auff den littauschen Feldmarechal Patzen zuzugehen, welcher sich in seinem Lager unter Skloff verschantzet, eine Brüke über den Dnieper gemacht, auch selbige mit Schantzen versehen hatte. Nachdem nun Tzerkaskij mit seiner Armee, die auff 60.000 Mann gerechnet worden, anmarchirte, der Feldmarechal Patz aber sich gegen ihn gar zu schwach befand (maßen seine gantze Armee kaum 8.000 Mann stark war), verließ er nach wenigem Scharmützel sein Lager, versorgte die Festung Skloff mit gutter Besatzung und allem Zubehör und retirirte sich mit der Armee nach Mohiloff, obgleich nun die Russen in der Eil etzliche Brüken über den Dnieper gebauet, auch den grösten Theil der Soldatesque hinübergebracht hatten, dergestalt, daß der Bojar und Stadthalter zu Twer Knias Ivan Siemonowitz Prosorowskij selbst nebst dem Okolnitzey und Woywoden Knias Juria Nikititz Boratinskij den flüchtigen Feind bis an Mohilow convoiirten, (187v) dennoch möchten sie wenig oder gar nichts an ihm gewinnen und musten unverrichter Sache sich zurük nach der Hauptarmee begeben. Demnach, weilen dem Feldmarschal Patz und der littauschen Armee, so sich an einem sichern Ort gesetzet hatte und mit steten Parteyen vor ihr particulair gnug that, nichts zu gewinnen war, muste das arme Landvolk offene Städtchen und Dörffer herhalten. Die russische Parteyen streifften das Land durch bis an der Beresine, verheereten und verwüsteten, was ihnen nur vorkahm, brannten, sengten und mordeten ohn alles Nachdenken, daß es ein Jammer anzusehen und zu hören war. Endlich, nachdem dem Generalissimo Knias Jacob Kudeniatowitz Tzerkaskij sich nach Moskow zu begeben anbefohlen, welchem die Generalitet über die czar. Armee, weilen Ihro Maytt. selbst persönlich auffzubrechen gesonnen war, auffgetragen werden solte, diese Armee aber dem gewesenen Großcommissario, Bojaren und Stadthalter zu Susdal Knias Juria Alexiewitz Dolgorukow unter Commando (da man sich einbildete, daß er was mehres als der Tzerkaskij, ausrichten würde) gegeben und anbefohlen waren, auch durch Auffschiebung der Commission und den mit Beyhulffe der dreywochendlicher Voneinanderscheidung der Großcommissarien die Confoede(188r)ration geschlossene und durch den Hoffrath Nasczokyn abgehandelte und beschworene Praeliminaria dergestalt gedrehet und verändert wurden, daß die freye Gesandtenstraße (welche auff beyden Seiten, von der Hauptstadt Moskow biß nach der Wilde hinrechend, zu sechß Meilen von allen feindlichen Marchen und Incursen befreyet seyn solte) der eussersten Unsicherheit unterworffen ward, marchirte der General Dolgorukof mit seiner Armee von Skloff und lagerte sich auff der erwehnten Gesandtenstraße (die pol. Commissarien was abzuschreken) in Dubrowna auff den Dnieper, also daß die pol. Großcommissarien vor ihren Leüten und Couriers, so zu und von ihnen reisen wolten, allezeit umb Convoye anhalten musten. Er verschantzte sein Lager und blieb an selbigem Orth ohne einigen Feldzug beliegen, nur das arme Land wurde an allen Orten und Enden von starken Parteyen durchgestrichen und allenthalben verwüstet und verheeret, alle lebendige Menschen niedergemacht, nur theils junge Weibsbilder, Frauen und Jungfrauen wurden gefänglich eingebracht, verkauffet und vertauschet wie das Vieh, als daß bey 10.000 Seelen nach Moskow zur ewigen Dienstbahrkeit weggeführet wurden. Der Feldmarechal Patz that in offtern und tapffern Parteyen dem Feinde zwar ziemlichen Abbruch, (188v) möchte aber mit seiner gringen Macht dessen Grausahmkeit und Tyranney nicht hemmen, demnach das arme Land darauff gehen muste.