Исторические происшествия в Москве 1812 года во время присутствия в сем городе неприятеля — страница 36 из 61

immer so gewesen wäre. Alles dieses geschah in minder als einer Stunde. Jetzt erscholl auf einmal der Ruf: Feuer, Feuer, welches man auch alsbald sehen konnte. Es kletterten mehrere auf hohe Häuser, und sagten, daß es in der Fischstraße brenne. Da diese ziemlich weit von unserer Gasse war, so nahmen wir, Hr. Cz. und ich weiter keinen Theil daran, und bewirtheten unsere Soldaten mit allem was wir hatten; in der Meynung, am andern Tage, wieder neue Vorräthe kaufen zu können; denn wir dachten „Wenn auch 100000 Mann in Moskau eingezogen wären, doch Alle in Moskau unterkommen, und satt werden könnten, da wir allein in unserm Häusgen deren 8 gespeiset hatten[“]. Wir irreten uns aber; denn kaum hatten uns die 8 Soldaten zufrieden und dankend verlassen, als wieder Andre, und wieder Andre kamen, und dasselbe foderten. So lange es jedoch noch Tag war, ging es erträglich; denn zwey Offiziere, und ein Unteroffizier, waren in dieser Zeit zu uns ins Zimmer gekommen, und jedesmal befragten sie die anwesenden Soldaten: Ob sie sich auch dem Befehle des Kaisers N. gemäß gut und bescheiden betragen? Uns aber foderten sie auf, daß wir bey der mindesten Unzufriedenheit, sogleich in der ganz in der Nähe, auf der Twerskoy befindlichen Wachtstube Hülfe suchen sollten, damit die Unartigen – dieses war der bezeichnende Ausdruck – exemplarisch bestraft werden könnten. Unsere letzten Vorräthe, waren bis 10 Uhr des Abends völlig erschöpft, und in dem Maasse, mehrten sich nun Eindringende, die schon nicht mehr Bittende, sondern gebieterisch fodernde Soldaten waren. Wir gaben ihnen Geld, und suchten ihnen begreiflich zu machen, daß es nicht an unserm guten Willen, sondern an dem Mangel aller Vorräthe liege, die wir in der Nacht auf keine Weise ergänzen konnten. Wir stellten ihnen vor, daß wir seit 8 Stunden so Viele gespeiset hatten, und sie leicht einsehen könnten, daß in einem so kleinen Häusgen keine große Vorräthe seyn konnten. Es ging hart her, doch droheten sie nur uns zu mißhandeln, ohne einen von uns persönlich anzurühren. Die letzten 4 Soldaten nahmen Geld, und Sachen die ihnen gefielen; schwuren aber, uns umzubringen, wenn sie nicht zum Frühstück Ommlets, und Schinken erhielten. Wir versprachen ihnen dieses auf das Gewisseste, in der Meynung, mit Tagesanbruch das Benöthigte kaufen zu können. Gegen Morgen, als es noch dämmerte, ward Generalmarsch geschlagen, und unsere Gäste, die uns nun verlassen mußten, fluchten und schwuren, das keiner von uns am Leben bleiben sollte, wenn nicht bey ihrer Rückkunft der Tisch gedeckt, und alles von ihnen Verlangte im Ueberfluß vorhanden seyn würde. Wir hatten die ganze Nacht keinen Augenblick ruhen können, viel Angst, und Mühe gehabt, besonders ich, der ich in zwey russischen Familien, deren Eine über uns, und die Zweyte im anstoßenden Hause wohnte, der Mißhandlung und der Plünderung mit Gottes Beystand steuern konnte, und einen russischen Protopop, der sich in unser Zimmer geflüchtet hatte, und den die bey uns seyenden Soldaten auf alle Weise zu kränken suchten, zu schützen vermochte; wozu ich nächst dem Vertrauen auf Gottes Beystand, durch die Mahnungen jener Offiziere, welche uns sagten, daß wir in der Hauptwache Hülfe gegen Mißhandlungen finden würden; war so muthig geworden, nichts zu fürchten, weil ich meynte, ich dürfte nur nach der Twerskoy eilen, um sogleich Hülfe zu finden. Ich brachte den alten Protopop endlich zur Ruhe, sobald die Soldaten uns verlassen hatten, und schlug Hr. und Mad. Czermack vor, Thüren u. Fenster zu öffnen, um die Zimmer von der üblen Luft zu reinigen, die sich in dieser Nacht durch die vielen, vom Marsch kommenden Soldaten gesammelt hatte; Wir traten vor die Hausthüre und hatten noch nicht lange da gestanden, als eine starke Kavallerie Kolonne mit einem Staabsoffizier an der Spitze vorüberzog. Madame Czermack redete den Anführer an, klagte, daß wir diese Nacht über so viel hätten leiden müssen, da wir doch gestern eine dreymalige Versicherung hörten, daß es nicht des Kaisers Napoleons Wille sey, daß die Einwohner mißhandelt werden sollen, und den Uebertretern, mit harter Strafe gedrohet ward. Mit einem sehr freundlichen Gesicht, u. mit französischer Höflichkeit, rief ihr der Staabsoffizier zu: Madame, es sind gestern 80000 französische Kinder in diese Stadt eingezogen, und da werden Sie leicht einsehen, daß unter so Vielen, sich auch unartige Kinder befinden müssen. Trösten Sie sich, das bringet der Krieg so mit sich. Er warf ihr noch eine Kußhand zu und ritt vorüber. Nun blickten wir auf die ihm folgenden Reiter, welche bis zum Kopfe, mit allerley Sachen, Kleider, Bündel, Decken, Teppiche, etc. gleichsam eingepackt waren; und wir konnten daraus schließen, daß es in den Häusern, wo diese französische Kinder übernachtet hatten, noch viel ärger, als bey uns zugegangen seyn müsse. Dieses bewies uns die Nothwendigkeit desto ämsiger, für das Frühstück besorgt zu seyn, welches die uns verlassenen Soldaten unter so viele schreckliche Drohungen bestellet hatten. Darum schickten wir aus, Speisen zu kaufen, konnten aber nirgend etwas selbst für zehnfache Bezahlung erhalten. Dieses machte uns nicht wenig Kummer, welcher dadurch auf das höchste stieg, als derselbe Herr Knauf, der uns am Sonntage in seinem Hause nicht aufnehmen wollte, fast nackend mit seiner Frau zu uns kamen, und baten, wir möchten ihnen erlauben, nur einen Augenblick bey uns eintreten zu dürfen, da sie in der verflossenen Nacht, rein ausgeplündert worden, wozu ihre Fabrique arbeiter das Meiste dazu beygetragen hatten. Sie hatten ihr ganzes ansehnliches Vermögen verloren, und waren mit einigen nur alten Lumpen umhüllet. Hr. und Madame Czermack nahmen sie mitleidsvoll und sehr freundlich auf, und geleiteten sie ins Zimmer. Ich blieb noch draussen, um über die gnadenreiche Fügung Gottes nachzudenken, welche Knaufs Herz so verhärtet hatte, unsern Bitten zu widerstehen, ohnerachtet er früher mit Hr. Czermack befreundet, und auch mit mir bekannt war. Wie ich so da stand, trat ein wohlgekleideter französischer Proviantcommissair zu mir, und bat mich, ihm ein Hemd zu verschaffen, weil er von Ungeziefer hart geplagt wäre. Ich sagte ihm, daß ich hier nicht wohne, dem Wirthe des Hauses fast alle seine Hemden abgenommen wären; daß ich aber erst Sonntag Morgen zwey weiße Hemden angezogen hatte, von denen ich ihm das Obere, Beste gern geben wollte; wenn es ihm keinen Ekel verursachte, daß ich es schon zwey Tage getragen habe. Er dankte mir, und da ich ihn einlud ins Zimmer zu treten, bat er mich, mit ihm in das offenstehende Appartement auf dem Hofe zu gehen, und ihm dort mein Hemde zu geben. Ich that dieses, und wartete auf ihn, um ihn nachher ins Zimmer geleiten zu können. Als er zu mir kam, dankte er mir mit einer Umarmung, und wollte mir eine russische Banknote von 100 Rubel geben, mit der Versicherung, daß dieses noch zu wenig sey für das Vergnügen, welches er empfände, sein altes Hemd in den Abtritt werfen und ein reines auf seinem Leibe anziehen zu können. Ich nahm durchaus das Geld nicht an, und bezeugte ihm meine Freude, ihm mit etwas dienen zu können, was mir die verflossene Nacht, unter Mißhandlungen, mit Gewalt hätte abgenommen werden, und auch mein Leben zu gefährden vermocht hätte. Nun trat er ins Zimmer und da er hörte daß wir alle Deutsch sprachen, sagte er: Ich bin auch ein Deutscher. Vermuthlich mußte er mich für einen Russen gehalten haben; weil er mit mir französisch sprach; denn an meinem Sprechen konnte er wohl merken, daß ich mit dem Französischen sehr wenig bekannt war. Unsere Angst stieg mit jedem Augenblick, in dem wir unsere fluchenden Soldaten erwarten konnten; und da dieses der Commissair bemerkte, fragte er nach der Ursache unserer Aengstlichkeit. Es ward ihm mitgetheilt; daß wir die Rückkunft der Soldaten fürchteten; worauf er Kreide foderte, und hinausging, ohne daß wir wußten was er dort gethan hatte. Kurz darauf kamen dann auch die Soldaten, und als sie bey ihrem Eintritt den Tisch noch nicht gedeckt fanden, fluchten sie fürchterlich, und es würde uns gewiß übel gegangen seyn, wenn Gott nicht diesen Obercommissair – dessen Namen ich leider vergessen habe – für uns zu einem Engel der Rettung herbeygeführet hätte. Die Soldaten bemerkten ihn bey ihrem Eintritt nicht, da ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Tisch gerichtet war. Nun erhob er sich, und fragte in einem sehr strengen Ton, von welchem Regiment sie wären? – da sie Feldmäntel anhatten – auf die Erwiederung: Was dieses ihm anginge? antwortete er: Damit ich euch belangen kann, daß ihr es wagt, auf so unverschämte Weise, in mein Quartier einzudringen. Nun fragte er sie „ob sie nicht an der Thüre gelesen hätten, daß dieses das Quartier des Obercommissairs NN sey?[“] So grob die Soldaten früher waren, so höflich bewiesen sie sich jetzt gegen den Commissair, sie baten um Verzeihung, entschuldigten sich mit ihrer Unwissenheit, und verließen uns mit wüthenden Blicken, über die getäuschte Erwartung, ihre leere Magen füllen zu können. Kinderchens, sprach der Commissair, ich bleibe bey Euch; denn es stehen Euch noch größere Gefahren bevor; und dieser gute Mann, ward Augenscheinlich noch in der darauf folgenden Nacht – durch Gottes Fügung – der Retter der Czermackischen, und noch einer russischen, in demselben Hause, wohnenden Familie, wie ich später erzählen werde.

Nicht lange nachher, stand ich in der Küche am offenen Fenster, und sah einen Obristen vorübergehen, der mehrere Leute auf der Straße fragte: Ob sie ihm nicht ein gutes Quartier in der Nähe des Kremmels anweisen könnten? Er ward aber von niemanden verstanden, obgleich er wechselsweise, bald französisch, bald deutsch fragte. Schon war er vorüber, als mir einfiel, daß sich das Haus an der Schmiedebrücke dazu eignen würde, welches ich bis jetzt bewohnet hatte, welches dem reichen Demidow, in Petersburg gehörete, und eben so geräumig, als gut meubliret war. Sogleich eilte ich ihm nach, holete ihn noch in derselben Straße ein, und erbot mich, ihm ein Quartier nachweisen zu können, wie er es wünschte. Er dankte mir, und wir gingen mit einander der Schmiedebrücke zu. Da aber der Weg dahin sich in die Länge zog, verlor er die Geduld, wollte mich mehreremale verlassen, indem ich ihn nach seiner Meynung immer weiter vom Kreml abführte, in dessen Nähe er wohnen wollte. Es kostete mich Mühe ihn begreiflich zu machen, daß diese vermeintliche Entfernung nur eine Folge, von den Krümmungen der Straßen herrührete, aber dennoch das Haus welches ich ihm zeigen würde, von der