Исторические происшествия в Москве 1812 года во время присутствия в сем городе неприятеля — страница 41 из 61

sichern Geleite nach Frankreich abzuschicken. Auch schlossen sich an diesem Zuge, Alle an, die mit der Armee aus dem Auslande bis Moskau, als Bediente, Marquetender, überhaupt alle die als freye Leute gekommen waren, nicht länger bleiben wollten, und wieder aus Rußland gehen konnten. Endlich auch entschlossen sich mehrere Franzosen, Italiener, und andere Ausländer, die viele Jahre in Rußland ansäßig waren, zur Mitreise, welche bey dieser Gelegenheit, ohne Pässe, über die russische Gränze zu kommen hoften. So sammelten sich mehrere hundert Wagen aller Art zusammen, und der Zug war unübersehbar lang. Aber ihre Hoffnung ward schrecklich getäuscht; denn der ganze Zug fiel den Kosacken in die Hände, die unsägliche Reichthümer aller Art bey diesem Fange erbeuteten; besonders fanden sie viel Silberbarren, von eingeschmolzem Kirchengeräthe, welche die Kirchenräuber einschmelzen, und zum bequemern Transport in Barren verwandeln ließen; wobey sich viele Moskauer Einwohner bereicherten, indem sie das feine Silber beym Schmelzen mit andern Metallen legiereten, so daß sie zwar, das Gewicht, aber nicht den Werth, der eingeschmolzenen Sachen ablieferten; ohne daß ihr Betrug nur geahnet ward; weil sie mit ihrem Munde sich als die eifrigsten Franzosenfreunde bezeugeten. Von den Mitgereiseten Einwohnern Moskaus kamen nachher mehrere in den allerkläglichsten Umständen, krank, nackend, und so elend zurück, daß die Meisten bald darauf starben. Besonders traf dieses traurige Loos französische Damen, mit denen die Kosaken nicht am gelantesten verfuhren. Bey dieser Gelegenheit gewann ich eine milchende Kuh, die mir mehr Dienste leistete, wie 1000 Rubel Geld mir gebracht haben würden.

Diesen Gewinn machte ich auf folgende Weise: Gleich in den ersten Tagen, als noch keine allgemeine Plünderung erlaubt war, kam ein Kaufmann Namens Larmé zu mir – welcher gleichfalls Schutz von Offizieren genoß, die in seinem Hause wohneten – und fragte mich: Ob ich nicht mit ihm gemeinschaftlich zwey Kühe kaufen wollte, die jemand für 80 Rubel abgeben wollte, weil er bange ist, daß sie ihm mit Gewalt abgenommen würden. Die Kühe sollten nach seinem gemachten Plane geschlachtet werden, damit wir zu gleichen Hälften daß Fleisch theils frisch theils gesalzen genießen könnten. Ich gab ihm 40 Rubel u. rieth ihm, nicht beyde Kühe zugleich, sondern nur Eine vorerst zu schlachten, damit wir auch später, frisches Fleisch hätten. Dieses leuchtete ihm ein. Er bat mich aber, die noch lebende Kuh in mein Haus zu nehmen, weil es ihm nicht nur an Futter fehle, sondern auch niemand sey, der nach dem Thiere sehen könnte. Ich war es zufrieden. Noch in derselben Nacht, brachte er die Kuh, und den andern Tag einige Pud frisches Fleisch, womit ich sehr sparsam umging, aber dennoch bald fertig ward. Nun kam die Zeit der allgemeinen Plünderung, und ich wagte, – wie ich oben bemerkt hatte – ohne Beruf nicht auszugehen, und sah, und hörte nichts von Larmé; bis er eines Tages kam, und sich entschuldigte, daß er mir nicht so viel frisches Fleisch gebracht hatte, als mir von der Hälfte einer Kuh zukäme, weil seine Einquartierten, sich alles was vorhanden war, zugeeignet hatten; welches vermuthlich auch mit der andern Kuh geschehen würde, wenn wir sie jetzt schlachteten. Deshalb stellete er mir es frey, ob ich die bey mir sich befindende Kuh, nicht lieber in meinem Hause schlachten lassen wollte, und ihm so viel frisches Fleisch, als ich von ihm erhalten hatte, zurückgeben, oder die Kuh am Leben lassen wollte? Mit dieser Kuh hatte sich aber mittlerweile etwas sehr günstiges ereignet. Als sie auf den Hof gebracht ward, sagte eine alte Frau „sie wolle versuchen ob die Kuh nicht noch milchend sey, da sie nicht lange gekalbt haben muß.[“] Der Versuch gelang, obgleich sie nicht mehr als ein Bierglas voll Milch gab; die sich jedoch in der Folge, durch gute Wartung und Pflege vermehrete. Für mich ward dieses ein großer Fund, da mir unter allen möglichen Speisen und Getränken, aus langjähriger Gewohnheit, eine Tasse Caffee immer der liebste Genuß war; auf welchen ich aber jetzt verzichten mußte, weil ich Caffee ohne Milch nicht trinken mogte. Ich erhielt aber auch Gelegenheit, dem guten Commissair gefällig zu werden, der uns so viele Liebesdienste erwiesen hatte. Er wohnte – wie ich schon bemerket habe – gegen uns über, und da auch er fast nur von Caffee sich nährte, u. ebenso wie ich, nur mit Milch schmackhaft fand, so theilte ich redlich mit ihm, was die Kuh täglich an Milch gab. Der Kaufmann Larmé kam endlich von mir Abschied zu nehmen, da er gleichfalls mit obengenannten Transport über die Gränze gehen wollte, und verzichtete bey dieser Gelegenheit auf seinen Antheil an der noch lebenden Kuh, in aller Form, welches mir um so lieber war, da ich einen so guten Gebrauch machen konnte von ihrem Leben. Bey diesem Larmé hatte ich fünf Kisten von meinen besten Waaren verborgen, welche alle verloren gingen. Dagegen brachte er kurz vor Ankunft der Franzosen mir drey Reiseapotheken, um sie (da schon alles bey ihm vermauert war) irgendwo in meiner Wohnung unterzubringen, weil er sie nur eben von einem Kaufmanne, dem er sie in Commission gegeben hatte, zurück erhalten hatte, und nicht nach seinem Hause bringen wollte. Diese Reiseapotheken blieben in meinem Hause unangerühret, und ich konnte sie ihm unversehrt zurückgeben, als er später wie alle Uebrigen die mit den Franzosen aus Moskau gingen, nackt, und ausgeplündert zurück kam. Jetzt kamen diese Apotheken dem Larmé sehr zustatten, er konnte sie sehr theuer verkaufen, da an Medicamenten ein großer Mangel war.

Hätte ich Alles was ich besaß, in meinem Hause behalten, und nicht an andern Orten verwahret, so würde ich nicht nur nichts verloren haben, ich hätte große Summen an meinen Waaren gewinnen müssen, da Alles ungeheuer theuer war, und nicht nur Offiziere, sondern gemeine Soldaten viel Geld hatten, welches sie nicht brauchen konnten, da es nichts zu kaufen gab. Unter dem Schutz unserer im Quartier stehenden Obristen, hätte ich frey handeln können, und sie hätten mir bey ihrer ausgebreiteten Bekanntschaft, und in der allgemeinen Achtung in welcher sie standen, Käufer genug zugeführet, da sie mich liebten. Es war aber ein großes Zeichen der göttlichen Gnade für mich Unwürdigen, daß ich alles was ich hatte, verlieren mußte; denn, nie hätte man es glauben können, daß ich nur der Fügung günstiger Umstände die Erhaltung meines Eigenthums zu verdanken hatte; es mußte vielmehr den kaum zu beseitigenden Verdacht gegen mich erregen, daß ich nur darum im November vorigen Jahres, Petersburg verlassen, und in Moskau ein neues Etablissement angeleget habe, weil ich – wie es leider so Viele gethan hatten – mit den Feinden des Vaterlandes im geheimen Einverständniß stand, und nur diesem Umstande, die Rettung meiner Person und Eigenthumes zugeschrieben werden konnte. Ich kann mit Wahrheit behaupten; daß mir der Verlust meiner Haabe, keine einzige Thräne, nicht einmal einen einzigen Seufzer ausgepreßt hat. Ich hielt mich vielmehr für überreich, wenn ich täglich Personen nackt, und nur in einer Bastmatte gehüllet, ohne Obdach und hungernd, umherirren sah, die früher Besitzer großer Häuser, und von bedeutendem Vermögen gewesen waren. Ich besaß zwar damals nicht mehr, als nur das, was ich der Mühe des Einpackens, und des Verbergens nicht werth hielt; ich glaubte aber, weil ich schon solche Erfahrungen gemacht hatte, daß die Allmacht Gottes nicht verkürzet sey, und aus Wenigen viel machen kann. Es war schon ein unberechenbar großer Vortheil, meine Wohnung und die Einrichtung meines Magazins unversehret zu behalten, wodurch ich wieder früher, mit den Waaren, die mir mein Sohn wöchentlich aus Petersburg zuschickte, sogleich zu handeln anfangen konnte, wie nur der Feind aus Rußland vertrieben war, während andere Kaufleute – welche aus Moskau geflüchtet waren, wenn sie auch ihre Waaren nicht verloren hatten, aus Mangel eines Locales lange kein Magazin eröffnen konnten. Darum achte ich es für eine gnadenreiche – obwohl unverdiente – Fügung Gottes daß ich, jene falsche Nachricht im Augenblick erhielt, als ich eben Moskau verlassen wollte, später nicht mehr reisen konnte, und bleiben mußte; wodurch mein Glaube, durch die vielen erhaltenen Beweise der Rettung aus Gefahren, gestärket, mein Vertrauen, auf Gottes allmächtige Hülfe befestiget, meine Erfahrungen bereichert, und der Grund zu meinem nachherigen größern Wohlstande geleget worden ist. Wodurch denn es auch möglich ward, nach 8 Jahren in das Predigtamt zu treten, und bis zum heutigen Tage mit Gottes Hülfe, das Evangelium kostenfrey zu verkündigen, nehmlich ohne Besoldung, oder Vergütung, für verrichtete Amtshandlungen annehmen zu müssen, um leben zu können. Hätte ich, wie ich damals schon Reisefertig war, Moskau verlassen, so wäre ich entweder nie mehr dahin zurückgekehret, oder höchstens nur, um zu erfahren, daß meine zurückgelassene Waaren verloren gegangen sind; und hätte alsdann weder Lust, noch Mittel gehabt, ein zweytes Etablissement zu machen, da das Erste so übel ausgefallen war.

Ich kehre von dieser Abschweifung zum Gange der damaligen Begebenheiten zurück. Um der Plünderung zu entgehen, kleidete sich jeder, so einfach und ärmlich als er nur konnte, und ich erinnere mich in der ganzen Zeit, nur einen Moskauer Einwohner ganz so wie früher in anständigen Civilkleidern, den Wladimir-Orden vierter Klasse, an der Brust tragend, frey umhergehen, gesehen zu haben; Wahrscheinlich muß er eine Sicherheitscharte gehabt haben, die ihn für Plünderung geschützet hat; welches ich daraus schließe, daß er nach der Rückkehr des Grafen Rostoptschin, sehr hart vom Grafen behandelt ward; obgleich er ein Wohlthäter und rettender Engel für viele hundert Personen gewesen ist, die ohne seiner Hülfe dachlos, und ohne Brod geblieben wären, wenn er ihnen nicht Beydes verschafft hätte. Er hieß – wenn ich mich nicht irre – Wischnewsky. Er suchte die Umherirrenden selbst auf, nahm Alle an, die zu ihm kamen, gab ihnen Wohnung und Speise in dem